Viele chronische Erkrankungen sind schwierig zu behandeln. Hier konzentrieren wir uns auf acht wichtige Schmerzzustände mit einem hohen ungedeckten Bedürfnis bei Patienten und/oder medizinischen Fachkräften.

Unser Ziel ist es ausführliche Informationen über diese Erkrankungen zur Verfügung zu stellen - vom Krankheitsverständnis bis hin zu Behandlungsansätzen.

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ARTHROSE

 

Arthrose ist die häufigste degenerative Gelenkerkrankung, 25 % der erwachsenen Bevölkerung leiden daran.1 Charakteristisch sind dabei der Abbau des Gelenkknorpels, Veränderungen des subchondralen Knochens (einschließlich der Bildung von Osteophyten), Entzündungen in der Synovia und der Synovialflüssigkeit sowie eine Schädigung der Bänder und Muskeln im betroffenen Gelenk.2 Typischerweise manifestiert sie sich hauptsächlich in den Gelenken von Hand, Hüfte und Knie, wobei das Knie der am häufigsten betroffene Bereich ist.3

 

Fakten im Überblick

  • Weltweit nimmt die Prävalenz von Arthrose zu und die Krankheitslast wird weiter steigen. Die Erkrankung ist eine der häufigsten Ursachen für Behinderungen bei älteren Erwachsenen.3
  • Die medizinischen Kosten für Arthrose in Ländern mit hohem Einkommen liegen zwischen 1 % und 2,5 % des Bruttoinlandsprodukts.3
  • Arthrose ist gekennzeichnet durch Gelenkschwellung, Steifheit und Instabilität der Hände, Hüft- oder Kniegelenke.3,4
  • Der Schwerpunkt der Arthrosebehandlung liegt auf der Schmerzlinderung und dem Vergrößern der Mobilität. Das pharmakologische Management von Patienten mit Knie- und Hüftarthrose umfasst Paracetamol/Acetaminophen, orale und topische nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR) und intraartikuläre Kortikosteroidinjektionen.5, 6
  • Es gibt keine Behandlungen, die Arthrose stoppen oder gar umkehren können. Allerdings werden die krankheitsmodifizierenden Antirheumatika (disease-modifying anti-rheumatic drugs, DMARDs), die dieses Ziel erreichen könnten, als neue Therapieoption vorangetrieben.7 Angesichts der Schmerzbelastung erfüllen gegenwärtige Therapien die Patientenbedürfnisse nicht angemessen. Zudem können sie unerwünschte Nebenwirkungen haben.4

 

 
 
 
 
 
 
 
 
 

Epidemiologie

Arthrose ist eine der weltweit führenden Ursachen für Behinderungen und betrifft 25 % der erwachsenen Bevölkerung. Sie ist mit hohen sozioökonomischen Kosten verbunden.1, 8 Die höchste Inzidenz für Arthrose liegt bei etwa 75 Jahren. Am häufigsten ist das Knie betroffen, gefolgt von Hand und Hüfte.3 Es handelt sich um eine in der Allgemeinmedizin häufig diagnostizierte Erkrankung. Aufgrund von beispielsweise Fettleibigkeit nimmt ihre Prävalenz ständig zu, denn diese erhöht das Risiko für eine Arthrose.3 Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation werden bis 2050 schätzungsweise 130 Millionen Menschen an Arthrose leiden. 40 Millionen werden dadurch ernsthaft behindert sein.8

 

Risikofaktoren

Einer der größten Risikofaktoren für Arthrose ist das Alter. Viele Menschen über 65 Jahre weisen radiologische Veränderungen in einem oder mehreren Gelenken auf.1 Außerdem ist aufgrund der erhöhten biomechanischen Belastung der Gelenke und der durch die Adipokinsekretion verursachten leichten systemischen Entzündung auch Fettleibigkeit ein Risikofaktor für Arthrose.1 Bei jungen Erwachsenen sind Knieverletzungen die Hauptursache und erhöhen das Arthroserisiko um das Vierfache.1 Es gibt auch eine erbliche Veranlagung im Zusammenhang mit Arthrose, die über 80 Genmutationen oder Einzelnukleotid-Polymorphismen umfasst, die an ihrer Pathogenese beteiligt sind.1

 

Ursachen

Arthrose hängt hauptsächlich mit dem Alterungsprozess zusammen: Knorpel, Synovia sowie subchondrale Knochen und Muskeln altern und vermutlich ändert sich dadurch die Belastung der Gelenke.1 Fettleibigkeit ist die zweithäufigste Ursache für Arthrose. Sie erhöht die Gelenkbelastung und das vermehrt aufgebaute Fettgewebe sorgt für eine erhöhte Ausscheidung von Adipokinen. Deren Folge ist eine leichte systemische Entzündungsreaktion.1 Sportverletzungen, insbesondere der Knie, sind der Hauptauslöser für Arthrose bei jüngeren Menschen.1 Am öftesten führen Knorpelriss, Gelenkluxation sowie Bandspannungen und -risse zu Arthrose.1

 

Merkmale und Symptome

Arthrose ist eine fortschreitende Erkrankung, bei der sich die Symptome mit der Zeit verschlimmern. Heimtückischerweise beginnt sie oft schleichend und betrifft anfangs nur ein oder wenige Gelenke.4 Anzeichen sind schmerzhafte Gelenke, Steifheit, Schwellung und Instabilität. Der betroffene Bereich kann geschwollen und vergrößert sein.3,4

 

 

Pathophysiologie

Früher wurde Arthrose als Knorpelerkrankung angesehen. Mittlerweile hat die Forschung aber gezeigt, dass sie tatsächlich das gesamte Gelenk betrifft.9 Dem Knorpelverlust geht einer Reihe zellulärer Veränderungen voraus. Die veränderte Biomechanik führt zu sekundären Umwandlungen wie Knochenumbau, Osteophytenbildung, Läsionen, Meniskusrissen und Extrusion sowie Veränderungen der Synovia, der Gelenkkapsel, der Bänder und der periartikulären Muskeln.3

Der Gelenkknorpel besteht aus der extrazellulären Matrix (Wasser, Kollagen, Proteoglykane und Calciumsalz) und Chondrozyten.10 Chondrozyten vermitteln den Umsatz von Matrixkomponenten. Bei Arthrose halten die Chondrozyten das Gleichgewicht zwischen Synthese und Abbau extrazellulärer Matrixkomponenten nicht aufrecht.10

Ein Trauma durch eine Mikrofraktur oder Entzündung führt zur Freisetzung von so genannten „Verschleißpartikeln“, die von residenten Makrophagen verschlungen werden.10 Die Verschleißpartikel regen die Chondrozyten an, abbauende Enzyme freizusetzen und die Gelenkhomöostase zu stören.10 Der Abbau von Kollagen und Proteoglykanen stimuliert die Freisetzung von entzündlichen Zytokinen einschließlich Tumornekrosefaktor-α, Interleukin-1 (IL-1) und IL-6, die an Chondrozytenrezeptoren binden und den weiteren Knorpelabbau stimulieren.10 Die Störung der Homöostase führt zu einem erhöhten Wassergehalt und einem verringerten Proteoglykangehalt der extrazellulären Matrix sowie zur Apoptose von Chondrozyten. Mit der Zeit wird der Gelenkknorpel zerstört, wodurch die darunter liegende Knochenplatte freigelegt wird.10

 

 

Diagnose

Bei Patienten mit gelenkspezifischen Schmerzen (typischerweise nutzungsbedingt) und Funktionsverlust liegt der Gedanke an eine Arthrose nahe, insbesondere bei älteren Menschen.4 Das Hauptziel einer diagnostischen Bewertung ist der Nachweis des Vorhandenseins oder des Fehlens von Arthrose. Die körperliche Untersuchung umfasst die Inspektion und Palpation sowie Bewegungs- und Funktionstests.4

Die am häufigsten angewandte radiologische Methode zur Diagnose von Arthrose ist das Röntgen. Damit lassen sich Knorpelverlust und Veränderungen im subchondralen Knochen feststellen (z. B. Entwicklung von Knochensporen, Sklerose, Zysten oder Verlust des Knochenvolumens).4 Andere bildgebende Verfahren nutzt man, um eine Arthrosediagnose zu bestätigen. Manchmal werden auch Gelenkflüssigkeits- und Blutuntersuchungen durchgeführt, um andere Zustände auszuschließen.11 Man sollte auf jeden Fall beachten, dass es oft eine Diskrepanz zwischen den Ergebnissen struktureller Bildgebungstechniken und der Schmerzmessung gibt: Der vom Patienten subjektiv empfundene Schmerz entspricht nicht unbedingt dem Schweregrad der Schäden, die sich in der Bildgebung zeigen, und umgekehrt. Darum sind bildgebende Verfahren zur Beurteilung von Arthoseschmerzen eher schlecht geeignet.12

 

 

 

Management

Leitlinien und Empfehlungen

Es gibt keine Behandlung, die die Auswirkungen von Arthrose stoppen oder gar umkehren kann. Man hat jedoch verschiedene Methoden zur Verfügung, um Schmerzen zu mildern und die Beweglichkeit zu verbessern.4 Zu diesen Behandlungsoptionen gehört die Schmerzlinderung mit Paracetamol/Acetaminophen und NSAR.5,6


Man setzt Physiotherapie ein, um die Muskeln rund ums Gelenk zu stärken und die Flexibilität zu erhöhen. Außerdem kann Ergotherapie den Patienten helfen, ihre alltäglichen Aufgaben ohne Schmerzen zu erledigen. Zu den alternativen Behandlungsmöglichkeiten zählen auch Glucosamin und Chondroitin.5, 13 Zur Behandlung einer schwereren Arthrose können intraartikuläre Kortikosteroidinjektionen verabreicht werden.5 Eine Operation sollte man nur in Betracht ziehen, wenn die Symptome mit konservativeren Behandlungsmethoden nicht adäquat behandelt werden können.4


 

Pharmakologische Behandlungen

Traditionell wurden Schmerzen bei Arthrose als rein nozizeptiv betrachtet. Screening-Tools wie der PainDETECT-Fragebogen legen jedoch nahe, dass manchmal eine neuropathische Komponente vorhanden sein kann.15 Psychophysische und bildgebende Daten haben gezeigt, dass manche Arthrosepatienten auch neuropathische Schmerzen haben, die mit einer zentralen Sensibilisierung assoziiert sind.15 Bei dieser Patientengruppe beobachtete man im Vergleich zu einem Kollektiv mit nozizeptiven Schmerzen einen Trend zu schlechteren Ergebnissen nach einer Knieersatzoperation.15

Ein tieferes Verständnis der multimechanistischen Natur von Arthroseschmerzen hat zum Einsatz zentral wirkender Medikamente geführt, die Arthroseschmerzen lindern können.16 Untergruppen von Betroffenen zu erkennen, deren Schmerzen wahrscheinlich zentral vermittelt werden und die auf eine periphere Behandlung nicht ansprechen, kann zum Auffinden geeigneter Kandidaten für alternative Therapien beitragen, die auf die Modulation zentraler Schmerzwege abzielen.16

Ungedeckte medizinische Bedürfnisse

Es besteht nach wie vor Bedarf an alternativen Zugängen zur Bekämpfung von Schmerzen und Entzündungen bei Arthrose. Gegenwärtige Behandlungsansätze konzentrieren sich auf das Schmerzmanagement und die Hilfestellung bei der Lebensstiländerung der Patienten. Auf diese Weise sollen sie lernen, mit den Symptomen umzugehen.17 Die pharmakologische Behandlung von Arthrose umfasst üblicherweise NSAR oder Cyclooxygenase-2-Inhibitoren, die allerdings gastrointestinale und kardiovaskuläre Nebenwirkungen sowie negative Auswirkungen auf die Nierenfunktion haben können.17 Die gleichzeitige Verschreibung eines Protonenpumpenhemmers wird daher empfohlen, um die Magensäuresekretion wirksam und dauerhaft zu hemmen und NSAR-assoziierte Geschwüre zu heilen, selbst wenn die Gabe der NSAR fortgesetzt wird.18,19

Der Einsatz von DMARDs bei Arthrose ist ein gerade erforschter Ansatz, der darauf abzielt, das Fortschreiten der Erkrankung zu verlangsamen, zu stoppen oder umzukehren und sogar die Krankheitsentwicklung zu verhindern.7 Es gibt jedoch noch zahlreiche Herausforderungen hinsichtlich der Zielstrukturen („Targets“) und der klinischen Entwicklung.4

Ressourcen

 

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  • Quellen

    1. Chen D et al. Bone Res. 2017;5:16044.

    2. Loeser RF et al. Arthritis Rheum. 2012;64(6):1697–707.

    3. Hunter H & Bierma-Zeinstra S. Lancet. 2019;393:1745–59.

    4. Arden N et al. Atlas of Osteoarthritis. Second edition. London: Springer Healthcare; 2018. Available at: http://www.esceo.org/sites/esceo/files/pdf/Atlas%20of%20Osteoarthritis15032018.pdf. Accessed May 2020.

    5. Zhang W & Doherty M. Br J Sports Med. 2006;40(8):664–9.

    6. Hochberg MC et al. Arthritis Care Res. 2012;64:465–74.

    7. Hunter DJ et al. Nat Rev Rheumatol. 2011;7:13–22.

    8. World Health Organization. Background Paper 6.12. Osteoarthritis. 2013. Available at: https://www.who.int/medicines/areas/priority_medicines/BP6_12Osteo.pdf. Accessed May 2020.

    9. Johnson VL et al. Best Pract Res Clin Rheumatol. 2014;28:5–15.

    10. Man GS & Mologhianu G. J Med Life. 2014;7(1):37–41.

    11. Lespasio MJ et al. Perm J. 2017;21:16–183.

    12. Neogi T. Osteoarthritis Cartilage. 2013;21(9):1145–53.

    13. Kloppenburg M et al. Ann Rheum Dis. 2019;78(1):16–24.

    14. De l’Escalopier N et al. Ann Phys Rehabil Med. 2016;59(3):227–33.

    15. Soni A et al. Arthritis Rheum. 2019;71(4):550–60.

    16. Dimitroulas T et al. Semin Arthritis Rheum. 2014;44(2):145–54.

    17. Laufer S. Rheumatology. 2004;43(Suppl 1):i9–15.

    18. National Institute for Health and Care Excellence. Clinical Guideline [CG177]. Osteoarthritis: Care and management. 2014. Available at: http://nice.org.uk/guidance/cg177. Accessed May 2020.

    19. Scheiman JM. Arthritis Res Ther. 2013;15(Suppl 3):S5.